Nur noch zwei oder dreimal die Woche eine Print Ausgabe herauszubringen ist mittlerweile in den USA zum Standard geworden. Abonnentenverluste, der rasante Aufstieg von Smartphones und Tablets und nicht zuletzt die Corona Pandemie sind nur einige der Gründe für eine Reduzierung von Print Tagen gewesen. Was können wir in den nächsten Jahren hier in Deutschland für Veränderungen erwarten und inwiefern können uns die Erfahrungen in den USA dabei behilflich sein?
Den ersten Schritt in Richtung Printreduzierung machte schon vor acht Jahren Advance Local aus den USA. Der Verleger mit insgesamt 24 Lokalzeitungen war damit ein Vorreiter auf dem Markt und die ersten Reaktionen aus der Branche waren zunächst kritisch. Die Reduzierung auf vier Printtage die Woche schien den meisten zu aggressiv zu sein und mit zu vielen Risiken verbunden. Für Advance Local war es der einzige richtige Schritt um schon frühzeitig auf die Veränderungen der Industrie zu reagieren. Der Wandel war schon seit Jahren absehbar und noch länger zu warten sahen sie als ein viel größeres Risiko an.
Heute sieht die Situation in den USA ganz anders aus und viele sind dem Beispiel von Advance Local gefolgt. Die Corona Pandemie spielte dabei sicher auch eine Rolle. Verkaufsstellen blieben für eine lange Zeit geschlossen und durch die unsichere wirtschaftliche Lage fielen viele Werbeeinnahmen weg. Als Reaktion darauf legten Verleger an einigen Print Tagen eine “Pandemie Pause” ein oder entschieden sich dazu langfristig auf bestimmte Print Tage zu verzichten.
Seit März 2021 arbeitet Twipe mit Advance Local zusammen und unterstützt sie bei der Umsetzung ihrer neuen digitalen Produkte. Denn dass sich der frühe Schritt weg von Print und in Richtung der Optimierung von ihren digitalen Produkten gelohnt hat, haben sie bewiesen. Alle 24 Titel sind seit Februar diesen Jahres live auf der Twipe Plattform und nutzen Twipe Replica, Twipe NextGen genauso wie unsere EngageReaders Edition Analytics .
Print Tage zu reduzieren um Kosten einzusparen ist nicht der richtige Ansatz, erklärt Pam Simmel, Co-Vorsitzende bei Advance Local, in einem Bericht der INMA. Natürlich sind Überlegungen bezüglich Finanzen in jedem Falle wichtig, aber es sollte mehr als eine Gelegenheit für Erneuerung und Veränderung der gesamten Zeitung gesehen werden.
It wasn’t just a financial decision. We changed the culture.
Pam Siddal
Mit einer Fokussierung auf die digitalen Produkte hat man die Chance sich ganz auf neu mit der eigenen Mission, den Bedürfnissen der Leser und der Wahrnehmung des eigenen Produkts auseinanderzusetzen. Die Reduzierung von Print kann dann erfolgreich sein, wenn Verleger aktiv an ihrer digitalen Strategie arbeiten und bereit sind sich auf etwas Neues einzulassen.
Während man in den USA schon von Printreduzierungen als Trend reden kann, sieht die Zeitungswelt in Europa noch anders aus. Auch wenn sich die europäische Industrie sich auch immer mehr auf ihre digitalen Produkte konzentriert, wird es hier wahrscheinlich noch ein bisschen dauern bis endgültig Abschied von der Papierzeitung genommen wird. Das hat verschiedene Gründe.
In den USA spricht man mittlerweile davon, dass bis 2025 die meisten nationalen Zeitungen ein tägliches digitales Produkt und ein wöchentliches Print Produkt haben werden. Ob das so schnell in Deutschland gehen wird, ist stark zu bezweifeln, doch auch hier ziehen schon einige Zeitungen mit.
Denn auch wenn der europäische und der US-amerikanische Markt sich in einigen Aspekten unterscheiden bedeutet dies nicht, dass wir hier nicht auch dieselben Probleme erwarten können. Nur mit einer kleinen Verzögerung. Laut einer Statistik des BDZV betrug die verkaufte Auflage der Tageszeitungen in Deutschland im letzten Jahr 12,3 Millionen. Vor dreißig Jahren war die Auflage mehr als doppelt so hoch (27,3 Millionen).
Doch es gibt auch positive Erkenntnisse. Während die Print Zeitungsauflagen zwar sinken, steigern sich die E-Paper Auflagen jedes Jahr aufs Neue. Die Auflage der täglich verkauften E-Paper erreichte 2020 durch einen Zuwachs von 20,8% erstmals die zwei Millionen Marke. Damit hat sich die Auflage innerhalb von vier Jahren verdoppelt. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene konsumieren ihre Nachrichten zunehmend online, wie aus einer Studie von Die Zeitung zu entnehmen ist.
Auch in Deutschland haben einige Verleger ihre Strategie angepasst. Hier sind drei Beispiele:
Im Moment sind es vor allem die überregionalen Tageszeitungen, die durch stärkere Versandkosten belastet sind und deshalb eine Reduzierung in Betracht ziehen. Regionale Zeitungen werden mit der Mindestlohnerhöhung auf 12€ die Diskussion wahrscheinlich auch aufnehmen.
Bevor Verleger den Schritt gehen Print Tage zu reduzieren, sollten einige Überlegungen getroffen werden. Denn man kann nicht vermeiden, dass die Print Marke durch eine Reduzierung leiden wird, was aber nicht auch auf die ganze Marke zutreffen muss.
Seien Sie sich im Klaren darüber was ihr Ziel ist und in welcher Lage sie sich gerade befinden. Wie viele Menschen erreichen Sie momentan mit ihren digitalen Produkten? Wo liegen die Stärken Ihrer jetzigen Produkte und welche Schwächen gibt es? Lesegewohnheiten haben sich in den letzten zehn Jahren verändert und jetzt muss darauf mit neuen Ideen reagiert werden. Haben Sie Vertrauen in Ihre eigene Marke und erkennen Sie Ihre Stärken an. Lokalzeitungen haben einen sehr hohen Stellenwert in der Gesellschaft wie aus der letzten Studie über E-Paper des BDZV hervorgeht. 92% sehen Ihre Lokalzeitung als eine feste Größe in der Region an, die schwer zu ersetzen ist. Nutzen Sie diese besondere Position.
Verleger sollten eine Vorbereitungszeit mit genauen Analysen des Marktes und ihren Leser einplanen. Welche Tage sie als Print Tage streichen können ist abhängig von Verleger zu Verleger und verschiedene Modelle können Erfolge bringen. Die Tampa Bay Times hat für sich erkannt, dass eine Mittwochs -und Samstagsausgabe am besten für sie funktioniert. Die Zeitung in der Mitte der Woche gibt einen guten Überblick über die Aktivitäten am Wochenende und Leser freuen sich über Coupons und Angebote. Die Wochenendausgabe ist für viele dann ein Luxusprodukt für das man sich mehr Zeit nimmt und in Ruhe und ohne Unterbrechungen liest. Für den Samstag als Print Tag hat sich auch die TAZ entschieden.
Ebenfalls sollte man sich darüber Gedanken machen wie schnell man die Print Tage reduzieren will. Von vorher sechs Tagen auf nur noch zwei oder einen zu gehen, kann eine zu große Umstellung für Leser darstellen und dazu führen, dass Sie beinahe die Hälfte ihrer Abonnenten verlieren. Einmal verloren ist es um einiges schwieriger diese wieder zu erreichen. Nehmen Sie sich genug Zeit um ihre Schritte zu evaluieren, die Reaktionen Ihrer Leser abzuwarten und so die nötige Zeit wie auch die entscheidenden Daten zu haben, um weitere strategische Pläne zu machen.
Entscheidend für den Erfolg der Strategie ist aber die Kommunikation die zwischen Verlegern und Abonnenten geschieht. Die Papierzeitung ist Bestandteil einer täglichen Gewohnheit und ist dementsprechend auch mit Emotionen verbunden. Bereiten Sie ihre Leser, aber auch Ihre Mitarbeiter genügend auf diese Umstellung vor. Auch die TAZ hat sich die Zeit genommen, um ihren Abonnenten die Gründe offenzulegen. Auf ihrer Website erklären sie genau mit welchen Problemen sie in den letzten Jahren zu kämpfen hatten und wie sie sich weiterentwickeln möchten. Es wird deutlich gemacht, warum man den Schritt in die digitale Richtung gehen musste und wie dies auch positive Auswirkungen auf ihre Inhalte haben kann. Auch wenn viele ihrer Leser an ihrer Zeitung aus Papier hangen, haben sich viele dazu entschieden bei ihrem Abonnement zu bleiben.
Sich dafür zu entscheiden, Print Tage zu reduzieren ist keine einfache Aufgabe. Eine gründliche Vorbereitung und die richtige Motivation ist entscheidend. Wir helfen Ihnen dabei auf die Entwicklungen der kommenden Jahre vorbereitet zu sein. Kontaktieren Sie uns gerne.
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